Der Fernsehständer

Der Hersteller meines Fernsehers hatte früher mal einen Ständer im Angebot, um den Fernseher in der passenden Höhe frei in den Raum stellen zu können. Das hat mich vom Design sowie der Möglichkeit meinen Fernseher im Raum zu platzieren aus folgendem Grund sehr angesprochen:

Ausgangszustand: Weinkiste und Karton sind wohl nicht der beste Unterbau für einen Fernseher.

Auf dem „Phonoregal“ war kein Platz mehr und mir ein neues Möbelstück für den Fernseher wollte ich mir auch nicht zulegen (ich weiß, Erste-Welt-Problem). Mit der Tatsache, dass ich so einen Ständer nur gebraucht auf den einschlägigen Tausch- und Handelsplattformen nur zu horrenden Liebhaberpreisen bekommen könnte, überlegte ich mir einfach, wie man so was selbst machen kann.
Und zack stand ich vor dem Problem, vor dem ich regelmäßig bei meinen Projekten stehe. Zwar habe ich eine Vorstellung davon was ich machen will und es sprudeln die Ideen mit dem „Wie“. Aber eine Kerntugend, die man im Maschinenbaustudium – tatsächlich sogar schon im Vorpraktikum – schnell vermittelt bekommt ist das fertigungsgerechte Konstruieren. Und da ist der große Haken: ich habe keinen Maschinenpark um „naheliegende“ Ideen umzusetzen.

Die Materialsuche

Das eigentliche Hauptproblem war den vertikalen Teil des Ständers mit einer breiten Basis zu verbinden. Die ist wesentlich für die Stabilität des Aufbaus verantwortlich. Der ein oder andere Besuch im Baumarkt hat mir diverse Möglichkeiten aufgezeigt, wie ich diesen senkrechten Teil umsetzen könnte. Die Verbindung mit dem Fernseher hängt zwar von der Gestalt dieses Bauteils ab, aber das hab ich erst mal an Zukunfts-Jo ausgelagert. Aber irgendwie konnte mich keine potentielle Basis (Betonklotz, Holzklotz, rundes Brett und diverse andere) überzeugen.

Eigentlich zufällig stieß ich dann auf die Lösung! Bürostühle. Diese haben ein vertikales Verbindungselement und weisen eine durchaus ausgeprägte Stabilität auf. Zumindest bin ich bei normalem Gebrauch noch nicht mit einem umgekippt und mein Fernseher bewegt sich vermutlich weniger als ich. Ihr seht also die parallelen zu meinen Anforderungen.
Eine andere sehr praktische Eigenschaft bringen die sogenannten Gasfederschutzrohre eines Bürostuhls auch noch mit: sie haben an ihrer Unterseite einen genormten Konus mit der das Rohr mit dem zugehörigen Fußkreuz (Deutsch ist eine so angenehm logische Sprache) verbunden wird. Das heißt man kann sich die Einzelteile aus unterschiedlichen Quellen zusammenstellen. Diese Konusverbindung hält so bombenfest, dass man sie nur mit etwas Mühe und liebevollen Hammerschlägen (mit einem Schonhammer) wieder lösen kann. Also Perfekt für die Anwendung: Fußkreuz für die stabile Basis und Gasfederschutzrohr als senkrechte Verbindung nach oben zum Fernseher.

Im Internet wird man auch schnell bei diversen Schutzrohren in allen möglichen Ausführungen fündig. Meistens haben die verbauten Gasfedern zwar den gleichen Hub, aber das ist für die geplante Anwendung ja egal. Die eigentliche Gasfeder ist sowieso nur hübsches Beiwerk und fliegt raus. Durch den genormten Konus kann man also jetzt nach Herzenslust im Internet oder beim lokalen Bürostuhlhändler auf die Jagd nach einem Fußkreuz und einer (langen) Gasfeder gehen. Um mal eine Einschätzung zu ermöglichen, ich habe 2017 folgendes gezahlt:

GegenstandPreis
Gasdruckfeder€ 22,99
Fusskreuz€ 30,92
Materialpreise 2017

Der Tragödie zweiter Teil

Auszug aus dem Protokoll des Projektmeetings von Gegenwarts-, Vergangenheits- und Zukunfts-Jo. Letzterer übernimmt hier das Projekt und bedankt sich für die gute Vorarbeit und die ihm gelassenen Freiheiten bei der Entwicklung der „Schnittstelle“ zum Fernseher…
Spaß beiseite, irgendwie muss der Fernseher ja noch auf das Gasfederschutzrohr kommen. Auch hier kommt uns die Normung wieder entgegen. Die meisten Gasfedern in Bürostühlen haben einen Durchmesser von 28 mm. Im oberen Bereich des Rohres befindet sich ein Lager aus Kunststoff, in dem die eigentliche Gasfeder gleitet. Dieses Lager reicht so weit in das Rohr hinein, dass es radiale Seitenkräfte aufnehmen kann. Mit einer Achse im passenden Durchmesser lässt sich der Fernseher hier also (nettes Zusatzfeature) drehbar lagern.

Wir erinnern uns ans fertigungsgerechte Konstruieren. Das haben wir durch geeignete Bauteilauswahl dezent umgangen. Jetzt kommt aber der Teil wo es sich nicht mehr vermeiden lässt, etwas zu „erzeugen“. Oft kommt das an dem Punkt vor, wenn man Dinge aus zwei unterschiedlichen System zueinander bringen will: System Bürostuhl und System Adapterplatte des Fernsehherstellers. Da mein Fernseher schon für eine zentrale Aufnahme eines Fußes vorgesehen war, musst hier etwas her, um ihn mit dem Rohr zu verbinden. Hier sieht man den abgeschraubten originalen Standfuß des Fernsehers:

Der originale Standfuß. Hierfür muss ein Adapter hergestellt werden.

An den vier Gewindebohrungen außen wird der Adapter des Fernsehers festgeschraubt. Den alten Fuß und die Platte in der Mitte mit den vier Schrauben brauchte ich nicht mehr. Irgendwie musste ich aber das Teil mit den vier Gewindebohrungen (folgend das „Gerüst“) auf die Achse bringen, die in das Rohr gesteckt wird. Wie man gut sieht, sind die Gewinde aus der Ebene nach oben verschoben und machen dazwischen Platz für eine Art Kreuz. Mit einem Kreuz kann man also das Gerüst auf die Achse schrauben.

Die Schweißspuren stammen von einem Denkfehler. Zum Glück konnte ich das Kreuz und die Achse noch trennen.

Das Kreuz mit dem Kreuz

Um kein Risiko bei der Materialauswahl einzugehen (und weil ich keine Lust hatte es nachzurechnen) hab ich mich für das gleiche Material entschieden, dass der Hersteller auch für die original Verbindungsplatte gewählt hat: 2,5 mm Stahlblech. Also ab zum Baumarkt und – Pustekuchen! Gibt’s nicht. Aber wie der Zufall so spielt hab ich dort einen netten Karosseriebauer getroffen. Der hat mich in seine Werkstatt eingeladen und mir ein Stück Stahlblech geschenkt. Das Kreuz lässt sich einfach mit einer Stahlsäge von Hand aussägen. In die Mitte kommt ein Loch, um es an die Achse zu schrauben.

Das Kreuz liegt ohne Spiel im „Gerüst“.

Nur weist das Gerüst in der Mitte eine Öffnung auf, die ungefähr dem Durchmesser unserer Achse entspricht. Um das sauber befestigen zu können muss also noch ein Flansch her, auf dem das Gerüst sauber aufliegt. Same shit, different day: vermutlich bekommt man x mm Rundstahl und noch größeren Rundstahl für den Flansch nicht im Baumarkt.

Hier kommen wir wieder auf die alte Kerntugend zurück, beziehungsweise wo man sie verinnerlicht bekommt. Genau im Vorpraktikum! Einen Teil davon habe ich in einem Betrieb gemacht, der Spezialaufbauten für LKW herstellt. Daher wusste ich, dass die dieses Material dort haben. Und praktischerweise haben die sich nach fast zehn Jahren auch noch an mich erinnert. Kurzum habe ich den Rundstahl für die Achse und etwas dickwandiges Rohr zum Materialpreis auf die von mir benötigte Länge abgeschnitten bekommen.

Der Aufbau

„Warum dickwandiges Rohr?“, fragt sich der geneigte Leser zurecht. Das frage ich mich mittlerweile auch. Ich vermute, weil es nicht anderes passendes gab. Das hat mich dann tatsächlich auch vor eine kleine Herausforderung gestellt, denn der Flansch muss an die Achse. In meinem Fall konnte ich das mit einem Schweißgerät und etwas eingestaubten Schweißfertigkeiten lösen:

Der Flansch ist nötig, dass das Gerüst sauber auf der Welle aufliegen kann.

Jetzt liegt das Gerüst auf dem Flansch auf und wird mit dem Kreuz über eine Zentralbohrung daran festgeschraubt. Dieser, nennen wir ihn Achsträger, wird dann über die vier Gewindebohrungen an der Adapterplatte des Fernsehers festgeschraubt und diese wieder wie vorgesehen am Fernseher selbst befestigt.

So werden die Einzelteile zu einem Halter zusammengefügt (zum Vergrößern anklicken).

Et voilà: der Fernsehständer

Durch die Länge der Achse sitzt diese gut im Lager und verhindert, dass der Aufbau radiales Spiel hat (kippelt). Der Fernseher ist somit auch drehbar und könnte jederzeit aus dem Rohr gehoben werden. Aber da wir in der Regel mit Schwerkraft gesegnet sind, stört mich das nicht sonderlich. Und das Ergebnis kann mit dem Teil des Fernsehherstellers eindeutig mithalten. Der ist nicht mal drehbar.

Das Ergebnis: sehr aufgeräumt und stabil.

Ich habe eine Aversion gegen Kabelsalat. Ein weiterer Vorteil eines Rohres ist außerdem, dass man darin alle Kabel wunderbar verstecken kann. Ohne Probleme finden darin das Strom-, HDMI-, Antennen- und ein LAN-Kabel sowie die Versorgung der Beleuchtung hinter dem Fernseher Platz. Dafür habe ich einige Löcher in das Rohr gebohrt und die Stege dazwischen raus gefeilt. Hier kann man jetzt die Kabel oben hineinführen. Unten werden sie zusammengefasst und zur Wand geführt.

Das Kabelmanagement.

So steht er nun da seit geraumer Zeit. Von der Stabilität bin ich durchaus begeistert, bisher kam es noch zu keinen Zwischenfällen, wo der Fernseher nahe dem Umkippen gewesen wäre.

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