- Die schwebenden Nachttische
- Flüsterleise Schubladen für die schwebenden Nachttische
Zu einem schönen Bett gehören die passenden Nachttische. Die zu finden ist gar nicht so leicht. Nachdem ich mich lange Zeit mit einem Klapphocker als Ersatz zufrieden gegeben hatte, gab ich mich der Einsicht geschlagen, dass ich „die“ passenden Nachttische nicht finden würde. Also musste ich sie wohl selbst bauen.
tl;dr-Disclaimer
Es gibt viele DIY-Blogs. Ich lese die auch gern und hole mir dort Inspirationen. Das ist auch einer der Gründe für diesen Blog. Aber ich will euch einen möglichst originalgetreuen Einblick geben, wie so ein Projekt verläuft. Und dazu gehören Sackgassen. Diese müssen nicht unbedingt etwas negatives bedeuten, manchmal nimmt man aus einer Sackgasse auch eine gute Erfahrung oder eine neue Erkenntnis mit. Und weil diese Sackgassen nun mal dazu gehören, möchte ich sie hier auch nicht aussparen.
Ich markiere die Sackgasse aber mit dem entsprechenden Schild, damit ihr auf dem Weg nach der Inspiration oder vielleicht sogar der Lösung eures Problems nicht falsch abbiegt. Ihr könnt die Sackgasse überspringen, ohne, dass der restliche Inhalt an Sinn verliert. Die Sackgasse hat meine Lebenszeit gekostet, ihr könnt entscheiden, ob sie eure bereichern darf.
Als die Make-or-Buy-Entscheidung dann mal getroffen war, konnte ich mit der Planung beginnen. Und wie so oft sprudelten die Ideen. Schnell war aus einfachen Nachttischen in meinem Kopf ein „System Nachttisch“ entstanden. Nicht einfach nur eine Ablage, nein nein, vielmehr eine voll integrierte Erweiterung des Bettes mit Strom und Licht. Und eben eine Oberfläche auf der man Dinge abstellen kann…
Da es sich dabei um ein größeres Projekt (oder eigentlich mehrere) handelt, widme ich ihm eine Artikelserie. Den Anfang macht dieser Beitrag, der dem Korpus gewidmet ist.
Das Vorprojekt
Im Möbelbau kommt es darauf an, dass man schön und sauber arbeitet und dass man von außen keine Schrauben sieht. Speziell für den Korpus von Möbeln gibt es sogenannte Eckverbinder. Mit diesen lassen sich Verbindungen von Brettern nahezu unsichtbar realisieren. Man kann eine solche Verbindung auch mit Holzdübeln und Leim herstellen. Das tolle an den Eckverbindern ist aber, dass sich die Verbindung wieder trennen lässt. Der geneigte Beobachter kennt diese Elemente auch von einem großen schwedischen Möbelhaus.
Wenn die „Exzentermutter“ gedreht wird, greift sie mit zwei Fingern um den Stehbolzen und zieht die Verbindung fest zusammen. Die Arbeit mit den Eckverbindern war komplett neu für mich. Bevor ich also das gute (und teure) Holz verschandelt hätte, wollte ich das zunächst mal mit einem anderen Möbelstück ausprobieren. Eine Idee war schnell gefunden: eine Laptoperhöhung. Das hatte außerdem den positiven Nebeneffekt, damit auch gleich die alten Schuhkartons unter meinem Laptop zu ersetzen. Vom Konzept sollte sie genauso aufgebaut werden, wie die Nachttische später. Eine unversehrte Deckplatte (also keine Schrauben von oben zu sehen) und zwei senkrechte Seitenwände.

In der rechten Seitenwand oben sieht man die „Exzentermutter“ der Eckverbinder. Das ist der Preis, den man zahlt, damit die Deckelplatte von oben unversehrt bleibt.
Hier habe ich in der Mitte noch ein Zwischenboden eingebaut um Festplatten und ähnliches abzulegen. Da man sonst Schraubenköpfe in den Seitenwänden sehen würde, habe ich auch den Zwischenboden mit den Eckverbindern realisiert. Für diesen Anwendungsfall hätten sich auch Holzdübel angeboten. Allerdings sollte man die verleimen, dass sich die Bretter später nicht mehr auseinander schieben. Die „Exzentermuttern“ beim Zwischenboden habe dabei ich von unten in das waagerechte Brett gebohrt. Die Seitenwände werden also an den Zwischenboden herangezogen. Diese Bauweise ist so stabil, dass sich ein ausgewachsener Ingenieur darauf stellen kann. Sicherheitsfaktor 1,5 für die geplante Anwendung, würde ich mal sagen…
Beim späteren Nachttisch sollte es statt einem Zwischenboden allerdings ein Bodenbrett geben. Aus ästhetischen Gründen sollte es genauso groß sein wie das Deckelbrett, beide also die Seitenwände einfassen. Um das zu erreichen, konnte ich das untere Brett also nicht mit Eckverbindern befestigen, da man sonst die Exzenter in den Seitenwänden gesehen hätte. Beim oberen sieht man sie aus einem normalen Blickwinkel nicht. Das untere Brett bekommt also stattdessen Durchgangslöcher und wird von unten in die Seitenwände geschraubt. Auch nicht so tragisch, da sich außer mir selten jemand unter meine Nachttische legt. Und ich gebe zu, das tue ich auch äußerst selten.
Erkenntnisse
Dieses Übungsstück hat sich wirklich ausgezahlt, da ich bemerkte, wie präzise man die Mitte der Stirnseite des einen und den Abstand zum Rand des anderen Brettes anbohren muss, dass die Kanten später genau aufeinander liegen und parallel verlaufen. Je nachdem wie das Licht auf diese Stelle fällt, fällt die kleinste Abweichung extrem auf. An einem weiteren Übungsstück – diesmal war es eine Bildschirmerhöhung – habe ich meine Bohrfertigkeiten nochmal auf die Probe gestellt. Besser, aber noch nicht perfekt.
Eins war klar, man muss sehr präzise arbeiten. Dafür gibt es Hilfsmittel in Form von Bohrlehren. Die bekommt man für wenig Geld im Baumarkt und sie ermöglichen es einem komplett orthogonal und mittig in die Stirnseite der Bretter zu bohren und den Abstand zur Kante im anderen Brett wiederholgenau vorzugeben. Gute Holzbohrer sollten, gerade beim angepeilten Hartholz (Wildbuche), auch verwendet werden.
Ein kleiner Exkurs zu Bohrern
Beim Thema Holzbohrer oder Metallbohrer scheiden sich die Geister. Zumindest meine. Meine ersten Holzbohrer habe ich im zarten Alter von etwa 25 Jahren gekauft (absoluter Schrott von der Baumarktkasse und nicht zu empfehlen). Bis zu diesem Zeitpunkt, und auch dementsprechend danach wieder, habe ich alle Löcher mit HSS-Metall-Bohrern gebohrt (HSS = High Speed Steel). Wenn die Bohrer scharf sind und das Holz nicht zu hart, liefern die genauso gute Ergebnisse wie Holzbohrer. Ich hoffe ich werde jetzt nicht von Schreinern und Tischlern, die das lesen, gesteinigt.
Holzbohrer haben den klaren Vorteil, dass sie eine sehr feine Spitze haben, die man vor dem Bohren in das Holz drücken kann und somit erreicht, dass der Bohrer nicht verläuft. Diese Spitze muss man übrigens von seiner geplanten Bohrtiefe abziehen, da sie sonst eventuell auf der anderen Seite des Brettes wieder raus schaut…

Der große Nachteil von Holzbohrern wiederum ist die Schneidengeometrie: diese ist nicht spitz zulaufend wie bei Metallbohrern. Damit ist es nicht möglich ein vorhandenes Loch aufzubohren. Der spitze Metallbohrer zentriert sich selbst in einem etwas kleineren Loch und folgt diesem. Der Holzbohrer springt weg.
Dumm nur, dass die meisten Bohrlehren eine Vorgabe der Durchmesser haben die meist nicht zu den Löchern passt, die man für die Eckverbindung benötigt. Also habe ich dementsprechend mit dem Holzbohrer der zur Lehre passt vorgebohrt und mit dem Metallbohrer aufgebohrt.
Mein Fazit ist: Holzbohrer haben durchaus ihre Daseinsberechtigung bei sehr hartem Holz und beim Bohren quer zur Faserrichtung des Holzes. Und ein Loch mit einem Holzbohrer hat eine wesentlich sauberere Innenwandung als man sie mit einem Metallbohrer erzeugen könnte. Metallbohrer können hingegen kleinere Löcher aufbohren und sind bei geringen Einbußen in unterschiedlichsten Materialien einsetzbar.
Zurück zum Thema
Neben guten Holzbohrern und einer Bohrlehre gibt es noch einen Trick um den Kantenstoß eines Möbelstückes schöner zu machen. Das habe ich bei einem Besuch im Möbelhaus, aus dem ich mein Bett habe und von dem ich auch das (gleiche) Holz beziehen wollte, festgestellt. Selbst die Profis arbeiten mit einer Schattenfuge. Die beiden Brettkanten, die später aufeinander liegen sollen, werden also mit einer 45° Fase versehen, sodass man eine kleine Verschiebung nicht bemerkt. Ein ganz simpler Trick, der Wunder wirkt. Und netterweise kann man diese Kantenbearbeitung bei der Holzbestellung direkt mit bestellen und das sogar kostenlos.

Durch diese Schattenfuge fallen kleine Unregelmäßigkeiten nicht weiter auf. Man muss trotzdem sauber arbeiten, hat aber etwas mehr Spielraum.
Der eigentliche Korpus
Nachdem mir jetzt also klar war, wie ich den Korpus bauen wollte, musste ich noch herausfinden, wie groß er den werden soll. Das lässt sich am besten empirisch ermitteln, da es doch sehr von Bett und Matratzenhöhe abhängig ist. Die Höhe habe ich kurzerhand mit den vorher gezimmerten Konstrukten und einer Schraubzwinge ermittelt.

Die verschiedenen Use-Cases (Tablet, Leselampe oder was auch immer man auf seinem Nachttisch ablegen will) sollte man ausprobieren und die passende Höhe daran ermitteln. Die meisten kaufbaren Nachttische, die ich gefunden habe, hatten die Höhe des Bettholmes. Das wäre mir bei meiner sehr hohen Matratze wesentlich zu niedrig gewesen. Schlussendlich habe ich mich dafür entschieden, dass die Tischoberfläche auf der Höhe der Matratze sein soll.
Als nächstes folgen Breite und Tiefe. Hierbei kann man sich schon wieder eher an anderen Nachttischen orientieren und sie dann in eine ästhetische Relation zur festgelegten Höhe setzen. Soll ja auch schick aussehen. Ich habe mich für eine Breite von 40 cm und eine Tiefe von 35 cm entschieden, die Seitenwände sind 30 cm lang, sodass sich eine Gesamthöhe von 35,4 cm ergibt. Genug Fläche auf dem Tisch sowie in der Ablage unten und hoch genug um später vielleicht noch eine Schublade einzubauen (Artikelserie, zwinker, zwinker).
Die Befestigung
Ein Korpus alleine macht niemanden glücklich. Irgendwie muss der Korpus sich ja gegen die Schwerkraft wehren (Siemens Lufthaken sind ja leider immer noch nicht erfunden). Füße sind irgendwie so 20. Jahrhundert und stören beim Saugen enorm. Außerdem kann der Nachttisch dann verschoben werden.

Da ich bei meinem „Design“ auf Füße verzichten wollte, muss der Korpus also am Seitenholm des Bettes befestigt werden. Ein ähnliches Design gab es in Möbelhäusern auch, aber hier eben mit dem Nachteil, dass der eingehängte Nachttisch auf der Höhe des Bettholmes schwebte. Da sich mein Tisch allerdings bis zur Oberfläche der Matratze erheben sollte, musste ich eine Befestigungsart finden, die das ermöglichte.
Ich hatte mir vorgenommen, keine sichtbaren Löcher im Bett zu hinterlassen, sollte das Bett später einmal ohne die Nachttische genutzt werden sollen. Um den Nachttisch also beschädigungsfrei befestigen zu können, müsste eine entsprechende Befestigung aus Haken an der Seitenwand bestehen.
Zwei Herausforderungen
Einerseits wiegt das verwendete 27 mm dicke Wildbuchenholz einiges. Hinzu kommt das Gewicht der Nutzlast. Außerdem entsteht durch den hoch aufragenden Korpus ein gewisser Hebel. Haken die diese Kräfte mit einer gewissen Sicherheit aufnehmen können müssten aus 3 mm starken Stahlblech bestehen (ich habe das mal überschlägig nachgerechnet für ca. 30 kg Last).

Das Stahlblech zu bekommen wäre nicht das Problem, aber es vernünftig abkanten zu lassen schon. Bei dieser Blechstärke wäre ich mit Schraubstock und Hammer schon sehr an meine Grenzen gekommen (mal abgesehen davon, dass es nicht vernünftig ausgesehen hätte).
Zum anderen würde durch die Blechstreifen zwischen dem Korpus und dem Bett ein Spalt entstehen. Um diesen zu verhindern, müssten die Haken in die Seitenwand des Korpus eingelassen werden oder ein gekantetes Blech über fast die gesamte Tiefe des Korpus verlaufen, sodass von oben gesehen kein Spalt entsteht.
Die jeweils zwei Haken oder das lange Blech professionell Kanten zu lassen stellte sich als sehr teuer heraus. Eigentlich komisch, das ist doch eine typische Praktikantentätigkeit und ich hab im Praktikum dafür kein Geld bekommen. Naja, zu teuer fürs Budget. Sackgasse, es muss eine andere Lösung her!

Der Heureka-Moment im Baumarkt
Wie befestigt man den Korpus spurlos und unsichtbar am Bett, und das mit verfügbaren Halbzeugen? Wann mich die Muse geküsst hat weiß ich nicht mehr, aber irgendwie muss es im Baumarkt beim Regal mit den Stahlprofilen gewesen sein. Ich will jetzt ja auch nicht unnötig tief in das Thema Torsionswiderstandsmoment verschiedener Querschnitte abtauchen, aber Profile wehren sich vortrefflich dagegen verbogen zu werden. Zumindest bei 30 kg Last. Von unten an den hinteren Bettholm geschraubt ergeben sie einen wunderbaren Kragträger auf dem die Nachttische abgelegt werden können.
Diese L-Profile nehmen die Last auf und verhindern durch ihre Länge auch, dass der Korpus vom Bett weg kippt. Damit die Nachttische nicht nach vorne Kippen, muss dort auch noch ein Fixpunkt angebracht werden. Das habe ich mit einem einfachen Lochblech am vorderen Rand des jeweilige Korpus realisiert. Diese habe ich von unten in den Holm und den Korpus geschraubt.

Um Fertigungstoleranzen auszugleichen und eine Doppelpassung zu vermeiden, kam ich auf die grandiose Idee Langlöcher am einen Ende des L-Profils zu benutzen. Holz arbeitet ja auch, und vielleicht könnte sich das später noch als nützlich erweisen. Allerdings wollte ich Senkkopfschrauben verwenden, damit keine Schraubenköpfe überstehen. Relativ sinnlos, da man sie ja sowieso nicht sieht. Aber so habe ich wenigstens nebenbei noch das gesenkte Langloch erfunden.
Das eigentliche Langloch fräsen war dabei nicht das Problem. Wie aber bekommt man eine Fase an das Langloch?
Eine wichtige Erkenntnis hierbei war, dass Kegelsenker keine Fräser sind und nicht unbedingt gerne als solche eingesetzt werden. Das fällt dann unter die Kategorie „Lehrgeld“ und mein Werkzeughändler hat einen weiteren Senker verkaufen können. Aber abgesehen davon hat das mit den gesenkten Langlöchern relativ gut funktioniert.
Die fertigen Korpusse
Und zack, schon schweben die Nachttische unsichtbar am Bett. Und wie schon geschrieben, solange man sich nicht drunter legt, sieht man die magische Befestigung auch nicht.

Die Stabilität ist durchaus ausreichend. Wenn man sie anstubst, schwingen sie ein wenig, aber das ist tolerierbar. Es gibt auch keinen nennenswerten Hang zur Seite. Beides ließe sich vermutlich mit einem T-Profil statt eines L-Profils minimieren. Aber ehrlich gesagt, möchte ich nicht noch einen Kegelsenker opfern. Die gewählte Höhe finde ich optimal und es entsteht kein Spalt zwischen der Seitenwand des Korpus und des Bettholmes. Breite und Tiefe sind angenehm um den Tisch zu nutzen und auf dem unteren Brett ist zusätzlicher Stauraum für Lektüre entstanden.
Ausblick
In der jetzigen Form erinnerten mich meine Nachttische ein bisschen an kleine La Grande Arches an meinem Bett. Hach, ein Hauch von Paris. Aber irgendwie brauchen Nachttische auch Schubladen. Im nächsten Teil erfahrt ihr also alles über den Prozess der Verhältnisfindung und wie man die richtigen Schubladenschienen für sein Projekt sucht. Abschließend noch eine Frage an die Hüter der deutschen Sprache: Wisst ihr wie schwer es ist, einen Artikel über mindestens zwei Nachttische zu schreiben, wenn es für den Korpus keinen Plural gibt? Man verzeihe mir die einzige Ausnahme.